Die Unternehmergeschichte von Frank Spiegelhoff (AIW Vortrag Januar 2018)
Die Unternehmergeschichte von Frank Spiegelhoff (AIW Vortrag Januar 2018) https://softwareproduktiv.de/wp-content/uploads/2018/01/AIW-Vortrag-2018-1024x831.jpg 1024 831 softwareproduktiv – Gemeinsam. Digital. Rocken. softwareproduktiv – Gemeinsam. Digital. Rocken. https://softwareproduktiv.de/wp-content/uploads/2018/01/AIW-Vortrag-2018-1024x831.jpgIch bin ein glücklicher Mann. Aber das war nicht immer so. Ich möchte Ihnen eine wahre und sehr persönliche Geschichte von-Rund-um-die-Uhr-arbeitenden-in-Technik-verliebten-Menschen erzählen, die kurz vor dem Burn-Out standen und wie Sie dann Ihren Weg zu begeisterten Kunden, zufriedenen Mitarbeitern und einem glücklichen Leben, gefunden haben. Die ausführliche Version dazu gibt es hier.
Technik und Digitalisierung haben mich schon immer fasziniert und begeistert. Schon als Kind habe ich unseren C64 getunt und Spiele gehackt. Ich habe mich am liebsten mit Technik, wie meinem Computer oder meinen Keyboards beschäftigt. Mit meinem Elektrotechnik Studium konnte ich meine große Leidenschaft zum Beruf machen.
An Disziplin fehlte es auch nicht. Ohne Fleiß kein Preis hatte mein Vater immer gesagt. Wir waren fleissig und konnten Kunden und Aufträge gewinnen. Als es mehr wurde, haben wir Mitarbeiter eingestellt. Jedoch glaubten wir, diese Mitarbeiter funktionieren automatisch wie persönliche Klone. Das war natürlich ein Irrglaube. Letztendlich führte das zu noch mehr Arbeitseinsatz. Da die Arbeit großen Spaß machte, wurden es auch öfter mal 80 Std. die Woche gearbeitet. Für Familie, die Freunde, Hobbies, Sport und Gesundheit war kaum noch Zeit. Mir kommen heute noch die Tränen, wenn ich daran denke, dass ich die ersten Lebensjahre meiner Kinder nicht richtig wahrgenommen habe. Damals habe ich das aber gar nicht wahrgenommen, da ich immer gerne gearbeitet habe und so lange alles lief, war meine Welt noch in Ordnung. Aber dann kam die Wirtschaftskrise. Aufträge und Margen wurden weniger, so dass es 2010 immer schwieriger wurde, genügend Einnahme zu generieren, um die Kosten zu tragen. Wir haben dann fast rund um die Uhr gearbeitet, aber es löste nicht unsere Probleme. Es folgten viele schlaflose Nächte. Dieser fürchterliche Lärm im Kopf. Die Fragen auf die man keine Antworten mehr hat. Man ist erschöpft, verzweifelt, nervös und fürchterlich angespannt. Mit wem kann man darüber reden? Was sagt man den Mitarbeitern? Wann ist ein Unternehmen insolvent? Ab wann macht man sich eigentlich strafbar? Warum habe ich meine Frau und meine Kinder so vernachlässigt?
„Papa, weinst Du?“ fragte mich Jan mein damals 8-jähriger Sohn. Erst in diesem Moment merkte ich, wie mir Tränen die Wange runter liefen. Mir wurde schlagartig klar, dass ich sofort aus meinem Hamsterrad aussteigen muss, weil so geht es keinen Tag mehr weiter.
Was war denn unser Problem? Wir sind EDV Spezialisten und im Markt gibt es genügend Bedarf. Warum waren unsere Kunden nicht begeistert?
Wir haben tatsächlich geglaubt, dass wir bereits nach einem kurzen Telefonat, in dem der Kunde seine Vision / Idee geäußert hat, schon wissen, was ein Unternehmen braucht, so dass wir beim ersten Termin bereits nach 5 Minuten unseren genialen Lösungen präsentierten. Was für eine Anmaßung, oder? Jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeit und so tickt natürlich auch jedes Unternehmen anders, auch wenn ich glaube, die Branche bereits zu kennen.
Dann gab es auch noch das andere Extrem. Wir haben vom Kunden ein Pflichtenheft erwartet. Wie soll das denn funktionieren? Ich kann doch nicht erwarten, dass meine Patienten mit einer fertigen Diagnose kommen, damit ich nur noch die Rezepte aufschreiben brauche. Kennen Sie das?
Zu allem Überfluss wollten wir dann noch mit unserem Expertenwissen überzeugen, indem wir von den ganzen Möglichkeiten und Fachwörtern, die wir kennen, stolz berichten und haben gar nicht wahrgenommen, dass unseren Ausführungen keiner mehr folgen konnte. Solche Vorträge und Dienstleister nerven mich heute.
Wir haben uns stets bemüht, aber durch diesen Irrglauben, haben wir immer wieder viel Zeit verschwendet und Software entwickelt, die nicht die wirklichen Probleme und Engpässe unserer Kunden lösen. Sie können sich vorstellen, dass wir so unseren Kunden auch nicht begeistern konnten. Ohne Begeisterung gibt es auch keine ehrliche Empfehlung und somit auch keine neuen Aufträge, Kunden. Erst durch die Krise habe ich gelernt unsere Glaubenssätze und Vorgehensweisen zu hinterfragen. Ich habe zahlreiche Bücher gelesen und vieles gelernt. Es verändert sich so viel, wenn man seine Sichtweise ändert.
Was ist der eigentliche Zweck eines Unternehmens? Gewinne erwirtschaften? Arbeitsplätze schaffen? Der Zweck eines Unternehmens ist es, seinen Kunden einen optimalen Nutzen oder Wert zu bieten bzw. seine Probleme zu lösen. Wenn man sich primär auf den Nutzen für den Kunden konzentriert, folgen die Gewinne doch automatisch.
Wir haben gelernt den Menschen in den Vordergrund zu stellen und seine Emotionen wahrzunehmen. Technologien und digitalen Lösungen sind nur noch unsere Werkzeuge.
Das wirklich Wichtigste was wir gelernt haben ist, unseren Kunden erst einmal intensiv und mit maximaler Konzentration und Aufmerksamkeit zuzuhören.
Nur so können wir die richtigen Fragen stellen. Wir haben festgestellt, dass unsere Fragen viel wichtiger wurden, wie unsere Antworten. Wir müssen nicht unser Wissen unserem Kunden aufdrängen, sondern jede einzelne Person des Kunden richtig wahrnehmen. Das erfordert viel Empathie und emotionale Intelligenz. Nur so können wir die wahren Bedürfnisse, Ängste, Wünsche und Anforderungen aufnehmen und jede Person mitnehmen.
Die digitale Transformation eines Unternehmens ist sehr komplex und es ist doch unsere Aufgabe es dem Kunden möglichst einfach zu machen, indem wir sehr strukturiert und mit System gut vorbereitet in die Zusammenarbeit gehen. Dabei müssen wir jede Person genau dort abholen, wo er aktuell steht und wir müssen die Sprache des Kunden sprechen. Abkürzungen oder unnötige Fachbegriffe werden vermieden.
Wir können nur Vertrauen aufbauen, indem wir uns öffnen und unsere Erfahrung aus anderen Projekten einfließen lassen. Viele Testimonials und Referenzen sind extrem wichtig, damit der Kunde uns glauben kann und er Sicherheit gewinnt.
Gemeinsam mit dem Kunden diskutieren wir, welchen Nutzen unterschiedliche digitale Lösungsansätze seinem Unternehmen bringen können, wie schnell sich diese rentieren und skizzieren eine finale Lösung, um in allen Köpfen ein einheitliches Bild vom Ziel zu zeichnen.
Wir sind nicht am schnellen EURO interessiert. Wenn ein Produkt für einen Kunden keinen Sinn macht, dann verkaufen wir ihm auch nicht dieses Produkt! Das Gewinn / Gewinn Denken wurde für uns elementar.
Bei der Umsetzung eines Projektes gehen wir sehr agil vor. Das große Projekt wird in viele Schritte unterteilt und man konzentriert sich immer nur auf den nächsten, wichtigsten Schritt.
Wir binden die Mitarbeiter des Kunden in die Entwicklung intensiv ein. So malen wir z.B. unsere zu entwickelnde Softwaremaske nur auf, um diese mit den zukünftigen Benutzern diskutieren zu können. Das hat viele Vorteile. Die zukünftigen Anwender fühlen sich berücksichtigt und mitgenommen, unterstützen so das Projekt und geben uns in dieser frühen Phase bereits wertvolles Feedback, den wir bereits im nächsten Schritt in Form eines Software-Prototypen berücksichtigen werden. So können wir mit unseren Projekten nicht nur Erwartungen erfüllen, sondern oft auch übertreffen. Zu unserer Philosophie gehört es auch, nicht zu warten bis ein Kunde z.B. ein Problem meldet und erst dann zu reagieren, sondern schon vorher im Sinne des Kunden proaktiv zu denken und zu handeln.
softwareproduktiv hat die Pubertät gut überstanden und steht nun auf sehr gesunden Beinen mit einer eigenen Identität und gemeinsamen Werten. Unsere Kunden wurden zu Freunde, die unsere Leistungen erkennen und sie wertschätzen. Es hat sich eine wunderschöne Unternehmenskultur entwickelt, bei der jeder Mitarbeiter seine Aufgaben mit Begeisterung und freiwilligen Extrameilen erfüllen. Meine Fachkraft- und Manageraufgaben habe ich größtenteils übergeben, so dass ich hauptsächlich nur noch AM anstatt IM Unternehmen arbeite und meine Unternehmeraufgaben erfülle. Dazu gehört natürlich auch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und ein glückliches und ausgefülltes Leben.
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2 Kommentare
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Frank Spiegelhoff
Lieben Dank Fr. Dr. A.Preuss für Ihre Worte. Tatsächlich ist Schmerz oft notwendig, damit sich wirklich etwas ändert.
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Dr. A.Preuss
Das ist offensichtlich der richtige Weg für gesunde Menschen in gesunden Unternehmen. Das braucht Mut und vermutlich auch die Krise davor.
Wie schön, dass Sie sich erlaubt haben zu weinen. Respekt, Gratulation und Danke!